Waldbreitbach, Maria Himmelfahrt
Restaurierung der Klais-Orgel von 1896
Was verdienten Organist, Chorsänger und Kalkant?
Im Protokoll über den Zustand der Pfarrei wird 1867 als jährliches Salär für den Organisten 27 Taler angegeben, der Kalkant (Blasebalgtreter) bekam 3 Taler, die Chorsänger 6 Taler.
1884 betrug das jährliche Gehalt für den Organisten 106 Taler, für den Kalkanten 34 Taler, für die Chorsänger 18 Taler.
In einem Dokument vom 16. März 1900 wurden folgende Zahlen genannt:
Gehalt für den Organisten 232 Taler, für den Kalkanten 42 Taler, für die Chorsänger 18 Taler.
In diesen dreiunddreißig Jahren hatte sich das Gehalt der Chorsänger um das Dreifache gesteigert, das für den Organisten fast um das Neunfache, für den Kalkanten jedoch um das Vierzehnfache!
Eine neue Kirche wird gebaut
Schon 1767 war die alte Waldbreitbacher Pfarrkirche als zu eng bezeichnet worden, um die vielen Gläubigen aufzunehmen. Aber es sollte noch über einhundert Jahre dauern, bis die heutige Pfarrkirche gebaut werden konnte. Die langwierigen Verhandlungen und der juristische Streit um die Baupflicht konnten erst mit Zahlung von 22.000 Talern durch den Fürsten von Wied abgeschlossen werden. Unter Pfarrer Heinrich Jakob Hermes wurde am 7. Januar 1877 der Grundstein gelegt, zwei Jahre später war die Kirche in ihrer heutigen äußeren Form, unter Beibehaltung des alten Turmes aus dem 12. Jahrhundert vollendet.
In einer Inventarliste vom 25. Juni 1863 steht beim Stichwort „Mobiliar“: Orgel, im Jahr 1813 für 1100 Gulden aufgestellt. Welche Orgel in der neu erbauten Kirche stand, läßt sich leider nicht feststellen. Vermutlich wurde die Orgel aus der alten Kirche abgetragen und in der neuen aufgestellt. Unwahrscheinlich ist, dass die Pfarrgemeinde, deren Gesänge ja immerhin schon seit vielen Jahrzehnten von einer Orgel begleitet wurden, lange Zeit ohne die gewohnten Klänge auskam. Der Waldbreitbacher Mühlenbesitzer Peter Nassen dirigierte von 1876 bis 1895 den Kirchenchor. Es ist anzunehmen, dass er auch das Amt des Organisten innehatte.
Eine neue Orgel wird gebaut
In den neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts mehrten sich jedoch die Wünsche nach einer angemessenen Orgel, so dass die Pfarrgemeinde mit ihrem Pfarrer Georg Baulig am 4. November 1893 mit der Orgelbaufirma Klais aus Bonn einen Vertrag über eine neue Orgel zum Preis von 7.450 Mark schloss. Die neue Orgel sollte bis zum 1. August 1896 fertig gestellt sein.
Die schon damals renommierte Orgelbaufirma aus Bonn war 1882 von Johannes Klais gegründet worden und hatte sich schnell einen hervorragenden Ruf erworben. Der Dispositionsvorschlag für eine zweimanualige Orgel mit zwanzig Registern vom Oktober 1895 lautete:
Hauptwerk (C-f3) | ||
Bourdon | 16’ | die drei tiefen Oktaven aus Holz,
Fortsetzung von 10lötigem Zinn dunkler, voller Grundton |
Prinzipal | 8’ | von 12 und 14lötigem Zinn
starker, markiger, voller Ton |
Gamba | 8’ | von 12lötigem Zinn
mit Bärten; starker, streichender Ton |
Hohlflöte | 8’ | tiefe Oktave Holz, Fortsetzung von 12lötigem Zinn |
Gemshorn | 8’ | die unterste Oktave aus Holz,
Fortsetzung aus 12lötigem Zinn streichender Flötenton, zart |
Oktave | 4’ | von 14 und 12lötigem Zinn |
Violine | 4’ | von 12lötigem Zinn
zart und scharf streichend |
Mixtur-Cornett 3-4f | 4’ | von 12lötigem Zinn (4’, 2 2/3’, 2’, 1 3/5’)
glänzender Ton |
Superoctave | 2’ | von 12lötigem Zinn
im Ton frisch |
Trompete | 8’ | aufschlagend, Schallbecher von 10lötigem
Zinn, Köpfe aus Hartmetall, Kehlen und Stimmkrücken aus Messing, Zungen von Phosphorbronze |
Unterwerk (C-f3) | ||
Geigenprinzipal | 16’ | tiefe Oktave aus Holz,
Fortsetzung in 12lötigem Zinn |
Salicional | 8’ | tiefe Oktave aus Holz,
Fortsetzung in 12lötigem Zinn |
Lieblich Gedackt | 8’ | die zwei tiefen Oktaven aus Holz,
Fortführung in 10lötigem Zinn lieblich voller und runder Flötenton |
Dolce | 8’ | die 9 tiefsten Töne aus Holz,
Fortführung in 12lötigem Zinn zart mit etwas Strich |
Vox coelestis | 8’ | von 12lötigem Zinn,
zart streichend |
Flaut travers | 4’ | die drei tiefen Oktaven Holz,
Fortführung überblasend in 12lötigem Zinn |
Pedal (C-d1) | ||
Subbass | 16’ | Holz
sehr voller und dunkler Grundton |
Oktavbass | 8’ | Holz,
starker, voller Prinzipalton |
Violoncello | 8’ | tiefe Oktave von Holz,
Fortsetzung 12lötiges Zinn mittelstark streichend |
Tuba | 16’ | durchschlagend, Schallbecher aus Holz,
Rahmen und Stimmkrücken aus Messing, Zungen von Phosphorbronze voll und rund, hornartig |
Manualkoppel II / I | ||
Pedalkoppen I / P | ||
Feste Kombinationen: Tutti, Forte, Piano |
Das Gehäuse an der Frontseite soll aus Eichenholz gefertigt werden, an den Seiten, der Rückseite und für die Dekoration etc. wird Tannenholz verwendet.
Der Belag der Untertasten ist aus weißem Knochen, der Belag der Obertasten aus Ebenholz. Die Pedaltasten sind aus Eiche.
Die Orgel ist gestimmt auf 435 Hz bei 15o.
Trotz des bereits beschlossenen Vertrages schlug das Generalvikariat Trier in einem Brief vom 14. November 1895 an die Orgelbaufirma Klais folgende Änderungen vor:
- Wegfall der Vox coelestis
- bei Geigenprinzipal, Salicional und Dolce soll jeweils die unterste Oktave aus Zink statt aus Holz gebaut werden
- bei Violoncello 8’ soll die tiefste Oktave aus Zink statt aus Holz gebaut werden
Mit diesen Änderungen wurde die Orgel dann gebaut. Der geplante Termin der Fertigstellung am 1. August 1896 konnte jedoch nicht gehalten werden.
Am Christkönigstag, den 22. November 1896 wurde die Klais-Orgel dann feierlich eingeweiht.
In seinem Gutachten vom 26. November 1896 schrieb der Orgelsachverständige P. Johannes Blessing OSB aus Maria Laach folgendes:
„Am 19. November 1896 wurde vom Unterzeichneten die Abnahme der vom Orgelbaumeister J. Klais in Bonn neu aufgestellten Orgel vorgenommen. Sie zählt im Ganzen neunzehn klingende Stimmen auf zwei Manuale und Pedal verteilt und außerdem fünf Kombinationszüge. Die volle Orgel lässt nichts zu wünschen übrig. Die einzelnen Stimmen verdienen uneingeschränktes Lob.
Das Orgelgehäuse ist aus gutem Eichenholz hergestellt. Es präsentiert sich in seinen passend gewählten Maßverhältnissen und in seinem würdig gehaltenem romanischen Stil außerordentlich schön. Ihr Gebläse, das sich seitwärts befindet, ist durch einen Gang von der Orgel getrennt. Die Gemeinde muss sich glücklich schätzen, in den Besitz eines so wertvollen und gut gelungenen Kunstwerkes gelangt zu sein.“
In einer „Generalquittung“ vom 27. Januar 1899 an Pfarrer Georg Baulig bestätigte Johannes Klais, dass die gesamte Summe von 7.450 Mark nun bezahlt ist. Die gesamte Bausumme war durch freiwillige Spenden aus der Gemeinde aufgebracht worden.
Die Prospektpfeifen werden beschlagnahmt
Im ersten Weltkrieg blieb auch unsere Orgel von der sogenannten „Zinnspende“ nicht verschont. In einem Brief vom 17. Februar 1917 wurde vom Bürgermeisteramt Neuerburg folgendes angeordnet: „Die Prospektpfeifen aus Zinn von Orgeln werden beschlagnahmt und enteignet. Andere Zinnpfeifen von Orgeln können freiwillig abgeben werden. Alle diese Pfeifen werden Eigentum des Reichsmilitärdienstes. Die Zinnprospektpfeifen sind aus der Orgel zu entfernen und in der Zeit vom heutigen Tage bis zum 31. Juli 1917 abzuliefern.“
Schon bald nach Ende des ersten Weltkrieges bemühte sich die Pfarrgemeinde, die Orgel wieder zu vervollständigen. Am 8. September 1919 schrieb der Orgelbauer Klais an Pfarrer Lux: „Der neue Prospekt ist fertig, konnte aber infolge der Eisenbahnsperre bisher nicht zum Versand gelangen.“
Schwere Beschädigungen der Kirche im Zweiten Weltkrieg
Der Beschuss der Waldbreitbacher Pfarrkirche am Ende des zweiten Weltkrieges ließ die Decken von Chor- und Seitenschiffen einstürzen, alle Gewölbe bekamen Risse, der Turm verlor seine Bedachung und alle Fenster wurden zerstört. Durch die heruntergefallenen Steine wurden viele Pfeifen der Orgel stark beschädigt. Die Orgel hatte ja kein Dach, somit konnten die Gewölbeteile direkt ins Pfeifenwerk des Hauptwerks und des Pedals fallen. Der langjährige Pfarrer Bertram Möhren ließ die größten Schäden bald beseitigen.